Remote Meta

Ein kleiner Remote-Office-Guide aus der Ferne

Andrea draussen Web Andrea Blatter, 2.3.2022
Remote Meta

Nachdem ich jetzt einen guten Monat lang aus dem Ausland gepodcastet habe, habe ich einiges über Remote-Office gelernt. Meine wichtigsten Learnings und Tipps liste ich hier kurz auf, unten sind sie dann noch ausführlich beschrieben.

  1. Alles, was sich schon vor dem Remote-Office planen lässt, macht das Leben danach einfacher: Kund:innen (wenn nötig) und das Team informieren, Arbeitszeiten organisieren, Material vorbereiten.

  2. Die wichtigsten Tools fürs Remote-Office sind (natürlich je nach Job): Laptop, Ladekabel, Maus, SIM-Karte, Adapter und ein Internet-Dongle (oder das Wissen, dass es vor Ort zuverlässiges Wlan hat).

  3. Auch wenn es unglaublich romantisch aussieht, mit dem Laptop am Strand zu sitzen, praktisch ist es definitiv nicht. Man sollte sich einen Arbeitsplatz einrichten, an dem man auch wirklich produktiv sein kann.

  4. Die Terminplanung kann sich je nach Zeitverschiebung etwas schwierig gestalten, die versetzen Bürozeiten haben aber auch viele Vorteile. 

  5. Es gibt zahlreiche kleine Helfer, spezifisch für Audioproduktionen, mit denen man das Studio quasi ins Ausland mitnehmen kann, ohne kiloweise Material mitschleppen zu müssen.

  6. Im Remote Office besteht wie im Homeoffice die Gefahr, dass die Grenze zwischen Arbeitszeit und Freizeit verschwimmt. Man sollte deshalb vor lauter Office nicht vergessen, auch das Remote etwas zu geniessen.

Ich habe meinen Job bei der Podcastschmiede im Februar 2021 aus dem Homeoffice gestartet. Eingearbeitet zu werden vor einem Computerbildschirm, ohne Bürogspänli, denen man mal kurz auf die Schulter tippen und sie um Rat fragen kann, war ziemlich seltsam und ich war unglaublich froh, als ich dann im Frühling endlich ins Büro durfte. 

Einen Vorteil hatte dieses auferlegte Homeoffice allerdings. Wir haben alle gesehen, dass grundsätzlich Podcasten auch von zuhause funktioniert und nicht an ein Büro oder einen Schreibtisch gebunden ist. Google Meets, um sich auszutauschen, Zencastr, um Interviews remote aufzuzeichnen, Zoom-Stecker und kleine Ansteckmikrofone, um auch ausserhalb des Studios Moderationen aufzunehmen, Miro, um gemeinsam zu brainstormen, Kafipausen in einem Online-Call oder einfach WhatsApp, um mit dem Team in Kontakt zu bleiben. 

Und das warf die Frage auf: Wenn das doch aus meinem Wohnzimmer in Oberwinterthur so gut funktioniert, warum nicht auch von ein bisschen weiter weg? Aus einem Kaffee vielleicht? Oder einem Chalet in den Bergen? Oder aus Rio de Janeiro, zum Beispiel?

Und so kam es, dass ich jetzt an einem Tisch in einem Airbnb im Stadtteil Ipanema in Rio sitze und von hier arbeite. Das funktioniert grösstenteils genau so wie in Oberwinterthur, mit einigen kleinen Ausnahmen - eine Air Condition habe ich dort nämlich nicht, dafür Steckdosen, in die mein Laptop-Ladegerät passt.

Deshalb hier ein kleiner Remote-Office-Guide mit meinen Learnings und Tipps, falls jemand von Euch auch den Luxus hat, bei einem Start-Up zu arbeiten, bei dem man seinen Job grundsätzlich aus der ganzen Welt erledigen kann.

1. Vorbereitung für Remote Office

Man kann sich das Leben im Remote-Office einfacher machen, wenn man schon plant, bevor man abreist. Ich habe in meinem Kalender Blockzeiten eingetragen, zu denen ich erreichbar bin, das Team und meine wichtigsten Kund:innen informiert, dass ich möglicherweise (vor allem am Vormittag) etwas weniger schnell antworte als gewohnt und nicht unter meiner Schweizer Nummer erreichbar bin, sondern nur über unsere Call-App, die übers Internet läuft (ich habe nämlich eine brasilianische SIM-Karte gekauft, dazu später mehr). Grundsätzlich habe ich nur diejenigen Kund:innen informiert, bei denen es wirklich nötig war, weil ich beispielsweise nicht für Aufnahmen vor Ort sein kann. Da sich für alle anderen nichts ändert, habe ich sie auch nicht quasi “auf Vorrat” informiert.

Und weil ich eine Listen-Person bin, habe ich schon lange vor der Abreise angefangen, eine Liste anzulegen mit Dingen, die ich noch vorbereiten/erledigen/einpacken muss. (Bin ich von meiner Versicherung auch im Ausland ausreichend abgedeckt? Kann ich alle Projekte und Aufgaben wirklich aus dem Ausland erledigen? Wenn ja, welches Material brauche ich dafür? Wenn nein, kann ich sie verschieben oder kann allenfalls jemand vom Team einspringen? Und natürlich ganz wichtig: Wer giesst meine Pflanzen, wenn ich weg bin?)

2. Das wichtigste Material für Remote Office

Entgegen aller Behauptungen, Blogartikel im Internet und Zusicherungen von unserem Airbnb-Host: Dreipolige Schweizer Stecker passen nicht in brasilianische Steckdosen. Sie sehen eigentlich genau gleich aus und passen wirklich fast, aber eben nicht ganz. Das führte dazu, dass wir - ganz motiviert, am Flughafen in Rio bereits etwas zu arbeiten - kurz nach der Landung bereits für einen Moment dachten, wieder umkehren zu müssen.

Wir schmiedeten bereits Pläne, wo in der Stadt wir einen Adapter finden würden und was wir mit unserem Gepäck machen würden, denn es war noch einige Stunden zu früh, um es in unserem Airbnb abzuladen. Oder könnten wir einfach neue Ladekabel für unsere Laptops auf Amazon bestellen, die den richtigen Stecker hätten? Oder unsere Laptops mit USB laden? Oder einfach komplett neue Laptops kaufen? Wir fragten in einer winzigen Tourist-Office am Flughafen (die eigentlich mehr eine Holzbox war, bei der mich der einzige Mitarbeitende warnte, ich solle mit meinem Koffer bloss nicht beim Eintreten die Wand berühren, weil sie sonst vermutlich einfach umgeklappt wäre), ob es grosse Elektronikgeschäfte in der Nähe unseres Airbnbs gäbe. Der Mitarbeitende glaubte uns erst nach dem dritten Test an einer anderen Steckdose, dass unser Stecker wirklich nicht in brasilianische Steckdosen passt (er sieht eben wirklich fast genau gleich aus) und meinte dann ganz erstaunt, wir sollen doch einfach in der Apotheke am Ende der Ankunftshalle einen Adapter kaufen, anstatt in die Stadt zu fahren. Wäre spontan nicht meine erste Anlaufstelle gewesen, führte aber tatsächlich die richtigen Adapter. Deshalb 2 Tipps an dieser Stelle: 

  • Man braucht für Brasilien einen Adapter.
  • Wer vergisst, einen mitzunehmen, sollte zuerst einmal in der Flughafen-Apotheke nachsehen, ob es dort nicht zufällig Adapter gibt. 

Nachdem der Laptop nun Strom hatte, ging es darum, den Arbeitsplatz möglichst bequem und praktisch zu gestalten. Dafür habe ich eine Bluetooth-Maus mitgenommen, denn gerade mit Schnittprogrammen zu arbeiten ist mit dem Trackpad des Laptops nicht wirklich praktisch.

Und weil mein Mobilfunkanbieter aus der Schweiz keine besonders guten (beziehungsweise gar keine) Roaming-Angebote für Brasilien hat, habe ich mir eine SIM-Karte gekauft. Das kann man in Brasilien als Ausländer erst seit knapp 10 Jahren, nämlich seit die olympischen Spiele und die Fussball-WM angekündigt wurden und die Regierung sich auf scharenweise Touristen einstellte. Man braucht dafür allerdings entweder eine brasilianische Sozialversicherungsnummer (CPF) oder muss seine Passnummer hinterlegen. Deshalb lohnt es sich nicht, an einem Kiosk oder in einem Supermarkt günstig eine Prepaid-SIM zu kaufen, denn diese kann man anschliessend als Ausländer gar nicht aktivieren. Das habe ich gelernt, indem ich stundenlang probiert habe, die Frage nach einer CPF zu umgehen und anschliessend ins Geschäft eines Mobilfunkanbieters gegangen bin, wo der Anmeldeprozess mit meiner Passnummer fast eine Stunde gedauert hat.

3. Der ideale Arbeitsplatz

Diese Remote-Office-Instagram-Posts mit einem Laptop, einem Drink mit Schirmchen und dem Strand im Hintergrund sehen zwar hübsch aus, sind aber ziemlich weit weg von der Realität. Am Strand ist meistens das Wlan nicht besonders gut, Sand oder Piña Colada in der Tastatur ist auch nicht unbedingt angenehm und den meisten Geräten wird es in der Sonne schnell zu heiss. 

Der Arbeitsplatz im Remote Office darf natürlich schön und gemütlich sein, allem voran soll er aber praktisch sein. Während der ersten zwei Wochen im Remote Office in Rio hatten wir einen Arbeitsplatz an einem grossen Tisch, direkt neben dem Router und mit einer Air Condition, dafür aber mit relativ wenig Aussicht auf die Stadt. Das hat super geklappt, denn man wird weniger schnell abgelenkt und kann sich auf die Arbeit konzentrieren, das Internet ist stabil und schnell und die Temperaturen sind angenehm. Und wenn man früh genug anfängt zu arbeiten, hat man am Nachmittag noch genug von der Stadt (siehe nächstes Kapitel).

Nach zwei Wochen haben wir dann nach Salvador gewechselt, wo sich die Situation etwas schwieriger gestaltet hat. Unsere Unterkunft war dieses Mal eine Pousada und keine Wohnung und im Zimmer war das Wlan zu wenig stark, deshalb haben wir unsere Arbeitsplätze auf einer gedeckten Terrasse eingerichtet, wo unsere Laptops und Kabel ständig den Hotelmitarbeitenden in den Weg kamen, die etwa versuchten, das Frühstücksbuffet herzurichten. Grosser Vorteil: Man sieht von der Terrasse direkt an den Strand und an der Bar gleich neben unserem Arbeitsplatz gibt es tatsächlich Drinks mit Schirmchen.

Grundsätzlich hängt der “richtige” Ort für Homeoffice natürlich sehr davon ab, welche Art von Arbeit man zu erledigen hat und welches Equipment man dafür braucht. Es lohnt sich aber allenfalls, im Vorfeld abzuklären, wie stark das Wlan in der gewählten Unterkunft ist und ob es einen geeigneten Ort mit Steckdosen, Stühlen und einer passenden Arbeitsfläche gibt. Unter anderem Corona sei dank gibt es bei vielen Plattformen wie zum Beispiel “Airbnb” oder Booking.com inzwischen spezifische Filter für Arbeitsplätze, die man anwählen kann, sodass nur Unterkünfte und Zimmer ausgespuckt werden, an denen gut gearbeitet werden kann.

4. Zeitverschiebung und Terminplanung

“Wenn bei uns 10:00 Uhr ist, dann wäre in der Schweiz…?” Anfangs war die Terminkoordination mit der Schweiz etwas schwierig, weil mein Laptop nicht automatisch die Uhrzeit und das Datum angepasst hat, mein Google Kalender aber schon, und unser Social-Media-Planungstool abwechslungsweise die Zeit in der Schweiz und die Zeit in Brasilien angezeigt hat. Nach einigen Tagen hat sich das Ganze aber eingependelt und alle meine Programme und Geräte wussten, wie viel Uhr es ist.

Der Vorteil an einer kleinen Zeitverschiebung in diese Richtung (Brasilien ist im Winter vier Stunden hinter der Schweiz) ist, dass man sich gut an die Terminkalender der Schweizer Kund:innen anpassen kann. Ich habe versucht, möglichst zu Schweizer Bürozeiten auch zu arbeiten. Das bedeutet, dass man einige Male den Wecker auf 4:45 Uhr stellen muss, um dann pünktlich um 9:00 Uhr Schweizer Zeit im Meeting zu sitzen. Gleichzeitig bedeutet das dann aber auch, dass man um 14:00 Uhr Ortszeit bereits wieder Feierabend hat und damit wie oben erwähnt noch genügend Zeit, um sein vorübergehendes Zuhause zu entdecken.

An manchen Tagen habe ich auch zu “brasilianischen Bürozeiten” gearbeitet. Das hat den Nachteil, dass ich nicht gleich ab dem frühen Morgen in der Schweiz auf E-Mails geantwortet habe (darauf hatte ich mein Team und meine Kund:innen aber wie zuvor erwähnt natürlich im Vorfeld entsprechend vorbereitet), dafür hatte ich dann nach dem Schweizer Feierabend noch einige Arbeitsstunden, in denen ich in aller Ruhe Audios schneiden oder andere Aufgaben erledigen konnte, ohne dass ich von Anrufen oder E-Mails unterbrochen wurde.

5.Aufnahmematerial für unterwegs

Neben dem üblichen Material für Remote Office, das im Kapitel 2 beschrieben wird, gibt es natürlich für jede Berufsgattung auch noch spezifische Tools, die es braucht, um seinen Job erledigen zu können. Für uns sind das zum Beispiel Kopfhörer oder Mikrofone. 

Um auch im Ausland saubere Audios schneiden zu können, habe ich meine Sony MCR-7506-Kopfhörer mitgenommen. Sie brauchen zwar etwas mehr Platz im Koffer als kleine In-Ear-Plugs brauchen würden, lassen sich aber trotzdem relativ kompakt zusammenklappen und liefern natürlich eine deutlich bessere Audioqualität als kleinere Kopfhörer.

Für Aufnahmen ohne Studio braucht es zwar manchmal etwas Bastelei, grundsätzlich lässt sich aber auch das gut einrichten. Um einen möglichst echofreien Raum zu erhalten, eignen sich etwa Wolldecken oder Kissen sehr gut. Zum Beispiel können einige Kissen auf dem Boden unter einem Tisch und eine Decke, die darüber gehängt wird, ein wunderbares Studio ergeben (und gleichzeitig Kindheitserinnerungen an Kissenburgen wecken :)). 

Für die Aufnahmen selbst hatte ich zwei kleine Helfer dabei: Einmal ein RØDE smartLav, ein kleines Lavaliermikrofon, das man am Handy anschliessen kann und dann noch ein Zoom Am7, das sich an Android-Handys anschliessen lässt und richtungsverstellbare Mikrofone und einen Lautstärkeregler hat. Das gleiche Mikrofon gibt es auch mit einem iPhone-Anschluss (danke für den Tipp, Cheyenne Mackay! :))

6. Vor lauter Office das Remote nicht vergessen

Remote Office bedeutet, die gleiche Arbeit, die man zuhause erledigen würde, im Ausland zu erledigen. Mit Ferien oder Entspannung hat das an sich wenig zu tun, denn es ist eigentlich nur ein Tapetenwechsel. Trotzdem sollte man vor lauter Arbeit nicht vergessen, dass man an einem fremden Ort ist, an dem es viel zu entdecken gibt und bei dem es schade wäre, ihn nur durch Fensterscheiben hinter dem Laptop-Bildschirm zu sehen.

Genau wie im Homeoffice ist es im Remote Office wichtig, Arbeitszeit und Freizeit klar zu trennen und auch einmal offline zu gehen. 

Wir haben uns jeweils am Anfang des Tages feste Arbeitszeiten abgesteckt und To-Do-Listen mit den Aufgaben, die unbedingt erledigt werden mussten, geschrieben. Wenn diese abgehakt waren, hatten wir Zeit für Sightseeing, Strand, einheimisches Essen und was sonst noch so alles zu einem Auslandaufenthalt gehört. Ausserdem haben wir in der Halbzeit unserer Remote-Office-Zeit eine Woche Ferien genommen, um in dieser Zeit unser vorübergehendes Zuhause voll und ganz geniessen zu können. 

Natürlich ist es wichtig, dass die Arbeit am Ende des Tages erledigt ist und dass die Qualität der Arbeit nicht unter dem neuen Arbeitsplatz leidet. Gleichzeitig sollte man aber nicht vergessen, dass man mit Remote Work die unglaublich coole Chance hat, einen neuen Teil der Welt zu entdecken. Und es wäre schade, wenn man sich davon dann nur an seinen eigenen Laptopbildschirm mit einem etwas anderen Hintergrund erinnert.

Autor:in

Andrea draussen Web

Andrea Blatter

Andrea hat ihre Freude an Geschichten und Worten schon früh entdeckt, als Übersetzerin hat sie sie aber zuerst nur schriftlich zu ihrem Beruf gemacht. Beim Radio hat sie in den letzten Jahren gelernt, ihre Leidenschaft in die Audio-Welt zu übertragen - und genau das macht sie jetzt für die Podcast-Schmiede, mit dem Ziel, für jeden Kunden genau die richtigen Worte zu finden.